Wer hat Angst vor Beratungsstellen?

(Gibt es Vorurteile, Erfahrungen und Hemmungen SM in einer Beratung zu erwähnen?)

Rückschau

Über die Fragestellung, wie sie selbst zu öffentlichen Beratungsstellen stehen, sprachen 11 SMlerInnen am 25.08.06 im Gesprächskreis SundMehr. Schon in der Vorstellungsrunde stellte sich heraus, das etwa ein viertel der Anwesenden bereits Erfahrung mit Beratungsstellen hatte, größtenteils jedoch in einer Phase, in der sie - irritiert von ihrer eigenen Neigung - einen Weg suchten, diese zu verändern. Der Beratungsunerfahrenen Mehrheit der Anwesenden waren jedoch solche Selbstzweifel eher fremd. Eine Teilnehmerin sprach von ihrer eigenen Erfahrung aus der Sicht ihrer ehrenamtlich, beratenden Tätigkeit bei der Aids-Hilfe. Die Antwort auf Lebensfragen, die mit SM im Zusammenhang stehen, suchen die meisten, wohl eher in den Angeboten der Szene. (Kontakt zu Profis, für SMer, die ärztliche, medizinische, juristische Hilfe benötigen: http://www.maydaysm.de/ / Bietet Hilfe für SMer, die unfreiwillig geoutet werden: http://www.sm-outing.de ) Als fraglich stellte sich im Verlauf der Diskussion aber heraus, wie Menschen mit Selbstzweifeln den Weg in die Szene finden, und ob Berater, in einer Beratungsstelle überhaupt kompetent sind, um "Neueinsteigern" ihre Selbstzweifel zu nehmen. Sinnvoll sei hier doch einfach der Besuch eines Neueinsteiger-Stammtisches, wie es ihn inzwischen in einigen größeren Städten gibt, meinte eine der Anwesenden. SM beschränkt sich aber nicht nur auf die "Szene" zu der mancher, der mit seiner sexuellen Identität einfach nur "Normal" sein will, vielleicht gar nicht gehören will. Schließlich gehört sein Nachbar, mit seiner - vermutlich - ganz durchschnittlichen Sexualität, sicher auch nicht zu einer Blümchensex-Szene, die sich an Stammtischen oder über Internetforen austauscht. Fraglich sei auch, inwiefern sachlich gehaltene Einladungen zu entsprechenden Stammtischen in der hiesigen Presse bekannt gemacht werden können. Möglicherweise besteht hier eine Diskrepanzen über die Erfahrungen mancher Teilnehmerinnen aus eher großstädtischem Umfeld, zur Situation im ländlicheren Umfeld des Großraumes Stuttgart. Wer auf dem Weg zu seiner sexuellen Selbstfindung mit Zweifeln ringt, wird sich sicher zunächst einmal in seinem unmittelbaren Bekanntenkreis schlau machen, sofern er den Mut findet, sich dort zu outen. Ein Teilnehmer berichtete, seinen Berater hätte er erst aufgrund eines ganz gezielten Hinweises einer Bekannten gefunden - zu dem könne er gehen... Nach wie vor, wird über Sexualität in unserer aufgeklärten Gesellschaft kaum gesprochen und über abweichende schon gar nicht. So erscheint SM als "Tabu im Tabu". Unklar blieb bis zum Schluss, mit welchem Themen Sadomasochistinnen, sie mit ihrer Vorliebe an sich kein Problem mehr haben, sich in eine Beratungsstelle getrauen würden. Beispiele für potentiellen Beratungsbedarf wurden teilweise konstruiert oder aus dem Bekanntenkreis zitiert, so zum Beispiel die Frage, ob der Verdacht, dass der Partner mit der Art, SM zu leben destruktive Motive verbindet, den Weg in die Beratung indizieren könnte, oder die (überzogen formulierte) Fragestellung "früher habe ich mich immer selbst verletzt, aber seit ich meine Partnerin quälen kann, benötige ich das nicht mehr..." In dieser Spannung zwischen der Frage, ab wann eine Beratung angesagt sein könnte, und Zweifeln an der Kompetenz der Berater schien der grossteil der Anwesenden zu verharren. Zu hoffen bleibt, dass die Stellungnahme einer Fachfrau von ProFamilia Waiblingen (http://www.waiblingen.profa.de/index.shtml) zu den gesammelten Fragen beim nächsten Treffen am 29.09.06 hierzu Klarheit bringt, und für den Bedarfsfall Schwellenängste beseitigt. Gesammelte Fragen (mit Ergänzung aus dem Einladungstext):

- Was soll Beratung? Kann mich nicht jeder beraten? Wozu solche Institutionen?

- Was sind die Grenzen von Beratung durch Laien?

- Werden Probleme der Sexuellen Identitätsfindung (Selbstakzeptanz als SMer) überhaupt als ebenso existenziell betrachtet, wie z.B. eine Schwangerschaftskonfliktberatung?

- Hat eine Beratungsstelle überhaupt zeitliche, finanzielle Kapazitäten für derartige Themen?

- Was bringt Menschen auf die Suche nach einer Beratungsstelle?

- Wie erkennt ein potentiell Beratungssuchender, dass sein Problem "groß genug" für eine Beratungsstelle ist?

- Kamen die Berater im Arbeitsalltag überhaupt schon einmal in Kontakt mit SMern?

- Oder spielt Sadomasochismus in der Paarberatung gar keine Rolle, weil SMler sich gar nicht erst in eine Beratungsstelle trauen und darum die Erfahrung mit entsprechenden Problemlagen fehlt?

- Gibt es auch anonyme Beratung (z.B. weil einer der Beteiligten selbst im psychosozialen Beruf arbeitet)?

- Wie unterscheidet ein Berater SM-erotische Devotheit von Hörigkeit und erotische Dominanz von sexueller Gewalt?

- Wie reagiert ein Berater darauf, wenn jemand sagt, er / sie empfände sexuelle Lust dabei, wenn er / sie andere quält / von anderen gequält wird?

- Wie geht eine Beratungsstelle vor, wenn sexuelle Praktiken sich im Nachhinein tatsächlich als Gewalttätigkeit (i.S. einer Straftat) herausstellen? Kann so etwas weitergeleitet werden? (An wen können sich SMer selbst wenden?)

- Was rät eine Beratungsstelle, wenn jemand sich aufgrund seiner "seltsamen" Neigung an der Partnersuche gehindert fühlt?

- Was macht ein(e) Berater(-in), wenn er / sie sich selbst von SM abgestoßen fühlt?

- Was geschieht, wenn eineR der Partner/-innen auf SM steht (egal in welcher Rolle) und die/der andere nicht? Wird dies von Seiten der Berater als ganz normaler Unterschied erotischer Vorlieben betrachtet, wie sie halt in jeder Beziehung vorkommen?

- In welcher Form widmen sich Beratungsinstitutionen Problemen von Sadomasochisten?

Veranstaltungsdaten:

Datum: 25.08.2006
Uhrzeit 20:00 Uhr
Ort: TV-Heim, Am Sportplatz 4, 71394 Kernen-Stetten
Anfahrt:

Anfahrt über B 14/B29:
Erste Ausfahrt (Weinstadt/Endersbach) auf der B29 nach dem Teiler B14/B29 in Richtung Schorndorf, bzw. vorletzte vor der Zusammenführung B14/B29 in Richtung Stuttgart. Dann weiter Richtung Stetten / Esslingen halten.

Anfahrt von Esslingen:
Über Wäldenbronn Richtung Kernen-Stetten. Den Wegweisern „Diakonie Stetten“ und Sportplatz folgen. Haupteingang Diakonie und TV-Heim sind nicht weit voneinander entfernt. Parkplätze gibt es auch genug.