Fremdspiel und Eifersucht

Die Möglichkeiten, seine Sexualität auszuleben scheinen in der SM-Szene grenzenlos - vorausgesetzt, man hat jemanden, mit dem man es tun kann, was ja andererseits für viele Menschen mit sadomasochistischer Neigung eine große Hürde darzustellen scheint. Manch Einsamer findet dann auf Partys oder durch private Kontakte die Möglichkeit, mal mit jemandem "zu spielen" oder eine Beziehung aufzubauen, die über das Ausleben sadomasochistischer Erotik kaum hinausgehen muss.
Dennoch scheint die Sehnsucht nach einer dauerhaften monogamen Beziehung ungebrochen, wenngleich manche auch ihr Glück in den seit den frühen 90er Jahren als solche bezeichneten "polyamoren" Beziehungen finden, in denen die Definition der Grenzen sich eigentlich nur noch auf Einvernehmlichkeit, Ehrlichkeit - man könnte sagen: safe, sane und consensual - beschränkt ist. Treue zeigt sich vor allem darin, was man tut, statt in dem, was man unterlässt.
Trotzdem wollen wir uns die Frage stellen, ob es beim "Fremdspielen" auch Eifersucht gibt, und wie damit umgegangen wird. Wie reagiert der Partner, wenn jemand anderes einem gibt, was man braucht? Oder wird das gar eingefädelt? Ist Fremdspielen gleich Fremdgehen? Gibt es da sowas wie einen "Seitensprung" gar nicht? Kann man mehreren Herren dienen? Oder verzettelt sich die Domse, wenn sie mehrere Sklaven befehligt? Wer ist auf wen Eifersüchtig und darf sich das einer mehr leisten, als der andere?

Rückschau

25 Besucher kamen am 24.05.2013 in den Gesprächskreis SundMehr, um sich über Eifersucht und "Fremdspielen" auszutauschen. Besonders erfreulich war der Besuch zweier Gäste vom Heidelberger Stammtisch "Schlagabtausch", sowie die Anwesenheit einiger ganz neuer Gesichter. Offenbar scheint das Thema viele SMer zu beschäftigen oder zumindest zu interessieren.
Schon bei den ersten Gesprächsbeiträgen wurde angesprochen, dass die Reflektion über Vertrauen in der Beziehung zur Beschäftigung mit dem Thema gehört. Anderen war diese Polarität zu rational. Auch die Frage, ob Fremdspielen das Gleiche ist, wie "mit Fremden spielen" wurde gestellt, wobei bei anderen Paaren zu Tage kam, dass nur ein Partner sich zwar das Spiel mit anderen vorstellen konnte, allein schon aus Angst, in Eifersuchtsgefühle zu geraten.
Die Grenzen, was möglich ist und was nicht, war nicht nur innerhalb einiger Beziehungen unterschiedlich. Je nachdem, wie weit für einzelne eine SM-Aktion etwas mit erotischer Nähe zu tun hat, oder eher rein körperlich empfunden wird, waren die einzuhaltenden Linien unterschiedlich. Manche sehen eine Möglichkeit darin, das Spiel mit anderen Partnern auf einzelne Praktiken, wie z.B."Spanking" zu beschränken. "Ich habe für mich die Grenze gezogen, dass meine [submissive] Partnerin immer wissen muss, dass sie die Nummer eins ist", wurde seitens eines bekennenden Fremdspielers festgestellt. Bei jüngeren Teilnehmern die noch nicht oder noch nicht lange in einer festen Beziehung leben, kann die Thematik des Spieles mit anderen Partnern hier eine besondere Relevanz bekommen, wenn sie sich noch in einer Phase des Entdeckens der eigenen Lüste und Neigungen oder Beziehungsformen sind. Vor allem, wenn die eigentliche Partnerin die Lust auf SM nicht teilt. Wichtig war hier jedoch scheinbar allen Anwesenden, dass der Andere sich nicht hintergangen fühlt. In der SM-Szene sei der Schrei groß, genau den passenden Partner zu finden, der zu den eigenen Neigungen passt, stellte eine Besucherin fest, wobei sich gelichzeitig auch wieder die Frage stellte, ob denn jede erotische Lust ausgelebt werden muss, oder ob zur Reife eines Menschen auch dazu gehört, dass man einzelne Bedürfnisse zurückstellt. Den Partner als Zahnrad zu sehen, bei dem alle Neigungen kompatibel ins eigene Rädchen greifen, wurde als Vorstellung zwar verstanden, jedoch in seiner Praktikabilität und seinem stark Leistungsorientierten Menschenbild hinterfragt.
Vielleicht sind Spielbeziehungen oft ein Lösungsversuch innerhalb der SM-Szene, um seine Sexualität auszuleben, auch wenn keine Partnerschaft gefunden wurde. Wirklich polyamorös lebende waren an diesem Abend wohl nicht anwesend. Ein Anwesender äußerte seine Erfahrungen, SM in Form von Spielbeziehungen erlebt zu haben, als emotionalen Austausch, der nicht viel mit Liebe zu tun hat. Jetzt sei er zum ersten Mal in einer festen Beziehung die jedoch nicht auf SM, sondern auf Liebe gegründet sei. SM habe auch hier seinen Platz, wobei er nicht darauf abziele, alle Sehnsüchte auszuleben. Was er hier, aus dominanter Position, erlebe, sei aber bei weitem Intensiver, als alles, was er zuvor erlebt hatte. Emotional hatte er seine Spielpartnerinnen nie so stark an sich heran gelassen, wie jetzt seine Freundin.
Durchaus beziehungsstärkend kann es sein, wenn der Partner einem den Freiraum gibt, Bedürfnisse, die er selbst nicht stillen kann, außerhalb der Beziehung zu befriedigen, meinte ein Teilnehmer. Allerdings wurde schnell auch klar, dass es für die Stabilität einer Beziehung riskant ist, wenn diese Bedürfnisse sehr zentral sind und immer mehr Sehnsüchte ausgelagert werden. Der Hinweis, dass Eifersucht jedoch nicht SM- oder Sex-Spezifisch sei, lenkte das Gespräch dann auf diesen Teil des Themas. Sie tritt vor allem dann auf, wenn man feststellt, dass starke Intimität zwischen dem eigenen Partner und jemand anderem aufkommt. Das allerdings kann auch ein hoch geistiges Gespräch oder Arbeitsinhalt bewirken, der mit Erotik gar nichts zu tun hat.
Letztlich kann die Thematik auch etwas mit dem eigenen Selbstwert zu tun haben - und ist als Gefühl der Verlustangst auch von Neid abzugrenzen, der darin wurzelt, dass man etwas haben will, was der andere hat, es ihm nicht gönnt. Eine Teilnehmerin, die selbst schon unter größerer Eifersucht litt, erklärte, sie stelle sich dann die Frage "warum bin ich Eifersüchtig und auf was?" und bespreche das Ergebnis dann mit ihrem sehr einfühlsamen Partner. Tendenziell schien es so, als seien die Anwesenden auf submissiver Seite eher gefährdet, Eifersüchtig zu sein, und die Dominanten neidisch. Allerdings zeigten die Erfahrungen einer Teilnehmerin, dass sich auch Neid mit Eifersucht mischen kann. Wenn sie das "Leuchten in den Augen" der Personen sah, mit denen ihr Partner spielte, bekam sie Angst, nicht genügen zu können. Die ideale, geradezu schon edle, vertrauensvolle Lösung stellte hier die von einer Anwesenden geschilderte Haltung dar, das wertzuschätzen was der Partner mit der anderen macht - gegebenenfalls sogar stolz zu sein, mit diesem Mensch zusammen zu sein. Erschwert wird dies ganz gewiss, wenn eigene unbefriedigte Wünsche bestehen.
Etwas kurz gekommen war an dieser Stelle der Aspekt, dass die Wirkung, die etwas auf jemand anderen hat, ja nicht allein vom agierenden ausgeht, sondern auch von der Empfänglichkeit des Gegenübers, weshalb es ja schlichtweg möglich ist, dass die emotionale Wirkung des eigenen Partners auf jemand anderen, schneller, erfolgreiche, durchschlagender ist. Gegebenenfalls kann man hier auf die Empfänglichkeit des Spielpartners neidisch sein, oder Eifersüchtig auf die Spielbeziehung. Und am wahrscheinlichsten tritt Eifersucht dann auf, wenn am eigenen Wert gezweifelt wird, was je nach Lebenssituation spontan auftreten kann, durch Schicksalsschläge, Arbeitslosigkeit, Scheidung usw. Letztlich handelt es sich um eine Verlustangst, der aber aktiv begegnen kann. Logisch allerdings, dass Heimlichtuerei diese verstärkt oder sogar begründet. Ein Gegenmittel stellt darum ganz sicher große persönliche Transparenz dar. Ein "Recht" auf seine Gefühle hat jeder Mensch und Verlustangst kann auch sehr wohl realistisch begründet sein. Wenn diese Angst geäußert und auf ihren Realitätsgehalt überprüft wurde, kann ein Ratschlag darin liegen, diese dann rationalisierend auszuhalten, sofern sie sich als unbegründet herausstellen und dennoch nicht verschwinden. Doch wenn auch viele Grenzen erweiterbar sind, sollte man sich in einer Partnerschaft auch fragen, ob man an allen Grenzen gewesen sein muss. Noch kurz vor dem Abschluss des inhaltlichen Teils, aus der Runde darauf hingewiesen, dass noch der wesentliche Punkt fehlt: wie man damit umgehen kann, wenn man selbst eine eifersüchtige Partnerin hat. Doch weil es hier ebenso viele Graustufen gibt, wie Leute anwesend waren, weil die Neigung zu dieser Verlustangst unterschiedlich hoch ist, und je nach Beziehungssetting auch mehr oder weniger begründet sein kann, konnte dieser Teil nicht adäquat erörtert werden, ohne sich dafür mindestens erneut so viel Zeit, wie für die bisherige, fast schon "nur hinführende" Diskussion zu diesem intensiven Thema zu nehmen. Es kann vermutet werden, dass die Diskussionen nicht nur in den kleinen Gesprächsgrüppchen, die sich bis spät in die Nacht beim gemütlichen Teil bildeten, noch weiter gingen, sondern auch in diversen Internet-Foren und Chats oder einfach innerhalb der Beziehungen.

Veranstaltungsdaten:

Datum: 24.05.2013
Uhrzeit 20:00 Uhr
Ort:
Anfahrt:

Anfahrt über B 14/B29:
Ausfahrt Fellbach-Süd, dann Richtung Kernen-Rommelshausen, nach der Ortseinfahrt (Kernen-Rommelshausen) im ersten Kreisverkehr rechts in die Waiblinger Straße einbiegen, diese macht dann einen Linkskurve, danach in die Hauptstraße rechts einbiegen (unmittelbar nach der Bäckerei), der Straße folgen, das Gasthaus befindet sich an der linken Straßenseite

Anfahrt mit öffentlichen Verkehrmittel siehe Homepage der VVS

Kontakt: info@SundMehr.de