Gefährten oder nur Spielpartner?

Wer nicht allein auf Selbstbondage und Autostimulation steht, benötigt zum Ausleben sadomasochistischer Neigungen ein Gegenüber. Neben festen Beziehungen, stellen dazu für manche Sadomasochisten Spielpartnerschaften eine gute Möglichkeit dar, wobei die Intensität der Beziehung zu den Mitspielern sicher unterschiedlich ist. Stört es die eine Sub kaum, Objekt mehrerer Herren zu sein, will der andere Devote vielleicht nur einer Herrin dienen - was andere Mitspieler zum Equipment und Werkzeug seiner Eigentümerin reduzieren kann, je nachdem, wie intensiv sie in das Geschehen einbezogen werden.
Der Begriff der Spielbeziehung scheint geläufig, Spielpartner schon etwas schwerer - gibt es auch den Spielfreund, gar den Spielgefährten?
Zudem benötigt manche Phantasie auch mehrere Leute als Mitakteure, nicht nur um einer kleineren, dominanten Herrin beim Befestigen ihres Zwei-Meter Sklaven an der Zimmerdecke zu helfen - vielleicht auch um ihr zu ermöglichen, ihn an andere zu verleihen; oder dem Herrn, seine Sklavin vorzuführen: Werden die Mitspieler zur Kulisse? Und wie findet man entsprechende Mitspieler? Sind die Beziehungen, die dann entstehen nur auf SM beschränkt, oder entwickeln sich ganze Freundschaften, die dann auch gänzlich unerotische Unternehmungen beinhalten?
Werden die Beteiligten untereinander zu Gefährten auf ihrem jeweils ganz individuellen Weg, ihre SM-Neigungen zu leben, oder bleibt es bei reinen Spielpartnerschaften? Sehen wir dazwischen einen Unterschied?

Rückschau

Um sich darüber auszutauschen, wie Gefährten oder Spielpartner für sadomasochistische Erotik gefunden und gehalten werden können, trafen sich 19 Leute am 22. Februar 2019 im Gesprächskreis SundMehr.
In der Vorstellungsrunde wurde nach den Erfahrungen damit gefragt, die sich als sehr unterschiedlich herausstellten: wenig, bestand bei der ersten Teilnehmerin, und sofern es dazu gekommen war, dann stets im Kontakt mit der Beziehung zum eigenen Partner. "Aktives Spielgewusel finde ich toll", äußerte sich dagegen gleich die nächste, wie auch ihr Partner, der seine Stellungnahme nicht nur auf Partys bezog, sondern auch aufs private Setting. Dass sie Erfahrung damit habe, bestätigte die nächste, ergänzte aber sibyllinisch, dass sie es höchstens in anderer Weise erstrebenswert fände.
Gefährten zu finden und zu behalten bezog sich für das nächste Paar nicht nur auf das ausleben von SM. Doch könne dies schwierig sein, wenn man sich durch die Lebensentwicklungen verliert. Wo es sich ergibt, meinte der nächste, würde er auch gerne mit verschiedenen, auch fremden Leuten spielen, zumal Sadomasochismus in seiner Beziehung keine Rolle spiele - eine Aussage, die in Variationen mehrfach zu hören war.
Umgekehrt sah es ein Anwesender, der vor allem mit festen, statt mit wechselnden Spielpartnerinnen auf aktiver Seite SM auslebte - sei dafür doch besonders viel Vertrauen notwendig, was es ihm unmöglich mache, wahllos seine Gegenüber zu wechseln. Gegenüber dem Spiel mit anderen, sah sich der nächste gar nicht offen, und seine Nebensitzerin wiederum könne ohne nähere Kenntnis des Gegenübers gar nicht losspielen, mit Freunden dagegen schon.
Ein anwesendes Paar bekannte sich zu der Konstellation, dass sich die Partnerin zum Spiel mit wechselnden Partnern in der Lage sah, der Partner - obwohl selbst auch SM zugeneigt - dagegen nicht. Zudem sei es schwierig, die passenden Leute kennen zu lernen.
Ein Erstbesucher beschrieb seine bislang einzigen Erfahrungen auf ein Gespräch mit einer Frau über SM und in diesem Zusammenhang eine sehr kurze Erfahrung.
Es kamen Trennungserfahrungen zu Sprache, und die Freude darüber auch außerhalb der Erotik Dinge gemeinsam unternehmen zu können. Aber auch die schmerzliche eines Teilnehmers, der vor seiner letzten festen Beziehung gerne auf Partys öffentlich mit sich spielen ließ, während der Beziehung und nach dem späteren Tod seiner Partnerin nicht mehr. Auf Femdom-Partys habe auch der nachfolgende innerhalb einer Beziehung intensiv gespielt, dies habe für ihn aber immer den Charakter von One-Night-Stands gehabt.
Dass für ihn das eher parallele Spiel mit anderen, jedoch immer nur im Kontext seiner eigenen Beziehung möglich sei, sagte ein anderer Anwesender. Wie auch immer Mitwirkende seien so eher Werkzeug oder Kulisse oder freundschaftlich- hilfreiche Beiwohner für die erotische Inszenierung, die allein der eigentlichen Beziehung gilt.
Die Frage, zum Start der offenen Diskussion, wer mit Wehmut an eine beendete Spielbeziehung gedacht habe, ging dann fast unter, ebenso die Frage, ob andere dann eher als Staffage dienten - oder ob es sich beim Spiel mit anderen um eine Beziehung handle. "Wenn ich im Spiel bin, fällt alles andere von mir ab", berichtete jemand. Ein Anwesender fand sich durch seine Art zu Sein, persönlich gehindert, aktiv einen Spielpartner oder Spielpartnerin zu suchen. Einen Grund, für das Auseinandergehen einer Spielbeziehung, sah er darin, dass seine Partnerin ihn vor allem, in seiner Rolle beim Spiel, statt als ganzen Mensch sehen wollte.
Von der Schwierigkeit ein passendes Setting zu schaffen berichtete eine Anwesende, die durch Einladung mehrerer Bekannter aus der Szene eine Party gestalten wollte und dann feststellen musste, dass die Anwesenden sich mit allem anderen Beschäftigt hätten - nur nicht mit SM. Dennoch habe dies den schönen Effekt mit sich gebracht, dass man die einzelnen eben als Menschen kennen gelernt hat und nicht nur auf Basis ihrer Rolle. Inzwischen wolle sie bei entsprechenden Bekanntschaften eben nicht mehr nur spielen, sondern einfach in Kontakt mit den jeweiligen Menschen kommen.
Abhängig sei das alles wohl, von den Vorerfahrungen, wie jemand bisher durch das Leben gegangen sei, meinte ein Anwesender: Ob Erotik und SM für auch jenseits der Beziehung eine Rolle gespielt habe oder eben nicht.
Die optimale Party sei für ihn eine, bei der seine Partnerin jeden und alles kenne und er selbst niemanden und nichts, war ein Statement - er wolle als reines Anhängsel anwesend sein und könne sich dann am besten in seine Erotik fallen lassen. Interessanterweise erwähnte ein Teilnehmer eine fast umgekehrte Einstellung - nehme er entsprechend professionelle Dienste in Anspruch, sei es ihm recht, wenn die Domina für ihn möglichst unbekannt, geradezu anonym ist. Er muss sich dann nicht für sie interessieren und sie sich für ihn persönlich auch nicht.
Fraglich war dann, ob es bei einer Session keine Rolle spiele, ob "Tante Erna" erst vor kurzem gestorben sei, oder ob jemand vielleicht in einer persönlichen Betroffenheit gerade etwas anderes, als seinen Alltag benötigt - was auch eine Form von Berücksichtigung seiner Situation darstellt. Ist es andererseits nicht normal, dass wenn man sich auf Partys amüsieren will, persönliches ausgeklammert ist? Die unterschiedlichen Bedürfnisse und Erwartungen an einen Partybesuch wurden an dieser Stelle nicht weiter ausdiskutiert.
Offenbar gibt es Sadomasochisten, die eben am liebsten nur in ihrer Rolle wahrgenommen werden wollen und andere, denen genau das zu wenig ist. Fakt ist allerdings auch, dass Erotik oft auch am intensivsten mit unbekannten Partnern ausgelebt werden kann - weil diese durch die geringere Bekanntheit die beste Projektionsfläche eigener Wünsche und Sehnsüchte abgeben. Langjährige Paare sieht man darum auch oft schweigend in Restaurants sitzen, weil schon bekannt ist, was das Gegenüber zu einem bestimmten Gedanken sagt. Wenn es, wie bei SM zu einer Inszenierung eines Machtgefälles kommen soll, kann es dann besonders schwer sein, dieses herzustellen, wenn im Alltag Augenhöhe gelebt wird, ergänzte ein Teilnehmer.
Ein Anwesender beschreibt sein Beziehungsleben darum in vier Facetten, bei denen jede Facette nichts von der anderen weiß.
Dennoch spielt bei vielen die Vorstellung eine große Rolle, dass eine intensive, langjährige Beziehung auch zu einem vertieften erotischen Erleben führt, weil die größere Vertrautheit gewährleisten soll, dass "mehr geht" - und alles steigerungsfähiger wird.
Ein Aspekt war auch, wann der Strich zu ziehen ist, ab dem eine Spiel-Beziehung zu einer Partnerschaft wird - zumal, wenn die Sehnsüchte und Erwartungen der Beteiligten hier große Unterschiede aufweisen.
"Ich will einen anderen Menschen kennen lernen", bekannte ein Teilnehmer an dieser Stelle - und wenn es um etwas anders geht, ist SM mir egal. "Doch genau die Kenntnis voneinander und die Verschiebung der Grenzen bei SM ist für mich spannend." Letztlich ging es ihm um die zwischenmenschliche Beziehung. Dennoch sei dies eine Frage des Graduellen - auch zum Metzger habe man eine Beziehung.
An diesem Punkt wurde betont, wie wichtig es ist, zu beachten, dass genau dieser Aspekt extrem subjektiv ist, beim Suchen nach Bekanntschaften, Gefährten oder Spielpartnern. Individuell kann es zudem sehr bedeutsam sein, ob man sich als aktiver oder passiver in Sachen SM eine Beziehung sucht.
Ein Teilnehmer legte dar, wie sehr die innere Haltung einen Menschen prägt und wie bedeutsam hier auch Erfahrungen aus der eigenen Kindheit, sowie das jeweilige Selbstkonzept ist, bei dem Prägungen aus der Kindheit sicher eine große Rolle spielten. Was ich über ich selbst denke, kommt auch im Kontakt mit anderen rüber und beeinflusst diesen.
Enttäuschte Erfahrungen - ".und dann hast du eine nette Frau gefunden und sobald du SM erwähnst, geht >ratsch< der eiserne Vorhang runter" - kamen auch zur Sprache, wie auch die zugehörigen Klischees "Sobald man SM erwähnt, geht bei Frauen der Vorhang runter" die allerdings von einer Anwesenden vehement in die Schublade zurückgewiesen wurden: "Manche Menschen sind eben Verstandesorientiert, andere zielen auf das Herz, auf das Gefühl; und dafür reicht ein reines SM-Spiel eben nicht".
Letztlich käme es darauf an, auf allen möglichen Wegen zu suchen, ging das Gespräch dann weiter. Die Sehnsucht und die ständige Reflexion über SM auf der Basis "wir sind halt anders" könne zu der Illusion verführen, dass die Polaritäten "aktiv-passiv", "dominant-devot", "S-M" sehr bequem machten, dass etwas "passt", weil andere Aspekte einfach ausgeklammert werden. Doch das Leben ist nicht so einfach.
Die beste Möglichkeit sei, eine große Integration seiner Neigungen in das eigene Leben anzustreben, bei möglichst großer Offenheit, die dazu führt, sich nicht verstecken zu müssen. Der Moderator zumindest hat die Erfahrung gemacht, dass es weit weniger Leute gibt, die stigmatisieren, oder mit Ablehnung und Distanz reagierten, als von vielen SMern angenommen wird.

Veranstaltungsdaten:

Datum: 22.02.2019
Uhrzeit 20:00 Uhr
Ort:
Anfahrt:

Anfahrt über B 14/B29:
Ausfahrt Fellbach-Süd, dann Richtung Kernen-Rommelshausen, nach der Ortseinfahrt (Kernen-Rommelshausen) im ersten Kreisverkehr rechts in die Waiblinger Straße einbiegen, diese macht dann einen Linkskurve, danach in die Hauptstraße rechts einbiegen (unmittelbar nach der Bäckerei), der Straße folgen, das Gasthaus befindet sich an der linken Straßenseite

Anfahrt mit öffentlichen Verkehrmittel siehe Homepage der VVS

Kontakt: info@SundMehr.de