Was bringt keusch halten - oder gehalten werden?

Während die Fastenzeit nun schon seit zwei Wochen begonnen hat, ist Enthaltsamkeit nicht nur für spirituell interessierte Leute ein Thema. Auch jenseits von Religiosität scheint der Verzicht auf eine Gewohnheit, ein Nahrungs- oder Genußmittel für eine begrenzte Zeit im Trend zu liegen.
Ein Art des Verzichts, der für Leute, ohne sadomasochistische Neigung wohl kaum nachvollziehbar ist, ist das erotische Spiel mit der Keuschheit. Bei diesem, mit dem Abstand des Alltagsverstandes betrachtet schon sehr seltsamen Phänomen, unter den verschiedenen skurrilen Ausdrucksformen sexueller Leidenschaft, sehnen sich Männer oder Frauen danach, keinen Orgasmus haben zu können, zu dürfen. Ja, warum verzichten sie dann nicht einfach selbst darauf? Es zwingt sie ja keiner. oder wäre es doch vielleicht doch ganz reizvoll, wenn dem so wäre?
Was ist denn eigentlich der Kick an Keuschhaltung, oder dem Keusch-Gehalten-Werden? Geht es da auch um Askese? Kickt das nur die- oder denjenigen, der halt nicht "kommen" darf, oder hat die oder der Aktive auch was davon? Ist freiwillige Enthaltsamkeit oder Verzicht, das Selbe wie die erzwungene? Und: wozu braucht man dann eine Domse oder einen Domserich, wenn man nicht kommen können will?

Rückschau

Um sich über das Thema Keuschhaltung auszutauschen, trafen sich 13 Leute, mit sadomasochistischen Vorlieben im Gesprächskreis SundMehr.
Nach Wikipedia Diejenigen, die vor allem bezüglich der Ernährung sich an Verzicht erinnern konnten – wenn auch zum Teil nicht freiwillig, sondern aus gesundheitlichen Gründen – kannten dagegen die Erfahrung, sich an den Verzicht so zu gewöhnen, dass sie ihn nicht mehr als Verzicht erlebten, oder ein gewisses Glücksgefühl, etwa beim Heilfasten, „es geschafft zu haben“. Auch das Beispiel, bewusst auf eine Anschaffung zu verzichten, um sich etwas anderes leisten zu können, wurde genannt.
Erstaunlich, wie euphorisch dabei über den einvernehmlich erzwungenen Verzicht im Kontext Sadomasochistischer Erotik gesprochen wurde. Dies sei „die tollste Erfahrung schlechthin“ gewesen, gab eine Besucherin an, bei der die Keuschhaltung zudem ganz ohne irgend welches Hilfsmittel, sondern allein aus Gehorsam praktiziert worden sei. Ihr Dom sei stolz auf seine Sub gewesen, ergänzte sie später. Weil er das Gefühl gehabt habe, sie gehöre wirklich ihm, weil sie sich voll und ganz daran halte.
Zuvor waren jedoch auch Zweifel aufgekommen, ob dies so funktioniere, und ob man(n) früher oder später nicht doch selbst Hand an sich lege, um sich Befriedigung zu verschaffen, sofern dies nicht mechanisch eingeschränkt würde. Eine der Aktiv spielenden Anwesenden vermutete, die Wirkung, wie beim Heilfasten: der Körper schütze sich durch die Ausschüttung von Endorphinen. Das führe zum Hochgefühl. Aus der praktischen Sicht eines switchenden wurde dies angezweifelt. Denn schließlich sei es enttäuschend, wenn er frühzeitig aus der Keuschheit entlassen würde oder selbst ausbrechen könnte. Für ihn gehöre unbedingt die Interaktion dazu. Doch fraglich war, was das erotisierende an diesem Verzicht ist. Verstärkt er das Begehren – wie beim Beispiel, wenn man nicht an einen Rosa Elefant denken darf?
Für ihn seien dies mehrere Komponenten, erklärte der Gesprächskreisteilnehmer, von dem der Themenvorschlag stammte: zum einen steigere der Verzicht den späteren Genuss. Dann erlebe er die Macht seiner Herrin und den eigenen Kontrollverlust, als äußerst lustvoll. Und drittens steigere das sich immer stärker anstauende Gefühl auch seine Lust bis ins fast Unermessliche. „Später muss man einen nur noch anpusten und man kommt“ beschrieb er seine Erfahrung. Grundsätzlich blieb dabei aber das Interesse des anderen relevant. Der müsse schließlich immer wieder ankicken und anheizen, damit die Spannung sich weiter steigert. Doch ist dies immer gegeben? Was hat der Dominante davon?
Tatsächlich läge viel Arbeit vor dem aktiven Beziehungspartner. Das kann auch schwierig werden, meinte eine Anwesende, wenn sie abends, müde vom Arbeitstag heimkommt, und ihr Partner den ganzen Tag angeheizt ist, weil er das Gerät trage und spüre. Andererseits empfände sie auch die Hingabe, die aus der angestiegenen Lust entstünde als etwas sehr besonderes. Nur sei sie halt auch manchmal zu faul, um für diese zu sorgen.
Es gäbe auch Beziehungen unter SMern, in denen es durchaus sinnvoll sein könne, das Ausleben von Sehnsüchten aus der Beziehung heraus zu verlagern, erklärte ein Besucher. Dann habe man abends, nach der Arbeit, den geliebten Ehemann oder Partner zu Hause und könne ganz ohne Schuldgefühle und komplexe, seine Sehnsüchte außerhalb stille. Dass dies die Lösung für alle Beziehungen sei, hänge jedoch davon ab, ob jemand polyamourös geneigt sei, oder Spielbeziehungen genießen könnte.
Das Gespräch kam an diesem Punkt kurz auf die Thematik „Spiel“. Das Ziel des Spiels müsse an sich ja sein, den Gürtel irgendwann ablegen zu können, um dann kommen zu können, meinte ein neuer Besucher des Gesprächskreises, wobei angemerkt wurde, dass es durchaus Leute gäbe, die die Vorstellung hätten, nie mehr kommen zu dürfen. Die Vermutung entstand, ob es hierdurch zu Impotenz kommen könnte – oder das Spiel mit der Keuschheit eine Verschleierungsmöglichketi der Selben sein könnte. Kurz kam die Vorstellung der reziproken Keuschhaltung auf, bei der ein Dom, mittels selbst angelegtem Keuschheitsgürtel seiner Sub den Sex verwehrt, was kurze Heiterkeit auslöste. Tatsächlich berichtete ein switchender Anwesender von einem spielerischen Umgang, an dem er und seine Partnerin beide Keuschheitsgürtel trugen, um dann jeweils schnell die Rollen wechseln zu können.
Ein Besucher, der sich erst seit jüngerer Zeit, aber mit schnell wachsender Begeisterung durch das Internet bewegt, zeigte an dieser Stelle großes Interesse an technischen Raffinessen, von denen er gelesen hatte; Keuschheitsvorrichtungen, die sich mittels Smartphone steuern ließen und so weiter. Hier wurde einerseits vor Naivität gewarnt, weil das Internet sehr weit und geduldig für allerlei Legenden und Geschichten sei – andererseits lautete die Grundsätzliche Antwort, auf die Frage, „ob es das wirklich gibt, dass Leute…“ in den allermeisten Fällen „Ja“, wenn auch nur im Einzelfall.

Veranstaltungsdaten:

Datum: 26.02.2016
Uhrzeit 20:00 Uhr
Ort:
Anfahrt:

Anfahrt über B 14/B29:
Ausfahrt Fellbach-Süd, dann Richtung Kernen-Rommelshausen, nach der Ortseinfahrt (Kernen-Rommelshausen) im ersten Kreisverkehr rechts in die Waiblinger Straße einbiegen, diese macht dann einen Linkskurve, danach in die Hauptstraße rechts einbiegen (unmittelbar nach der Bäckerei), der Straße folgen, das Gasthaus befindet sich an der linken Straßenseite

Anfahrt mit öffentlichen Verkehrmittel siehe Homepage der VVS

Kontakt: info@SundMehr.de